Zuckermarkt und Agrarpolitik.

Zuckerrüben werden in ganz Europa angebaut und verarbeitet. Die agrarpolitischen Voraussetzungen und Abkommen mit der EU haben für die Schweizer Zuckerproduktion bedeutende Auswirkungen. Erfahren Sie mehr über die internationalen Zusammenhänge.

Schweizer Zucker im politischen Kontext

Die Schweizer Zuckerproduktion wird stark von den agrarpolitischen Entwicklungen im EU-Raum beeinflusst. In den letzten Jahren haben sich die Bedingungen für einen wirtschaftlichen Anbau von Zuckerrüben in der Schweiz verschlechtert. Für den Erhalt einer einheimischen Produktion zu kostendeckenden Preisen sind griffige politische Massnahmen nötig.

Der Zuckermarkt im Umbruch

Die seit vielen Jahren laufenden WTO-Verhandlungen für eine Liberalisierung des Marktzutritts (Doha-Runde) ziehen sich dahin. 2013 beschlossen die EU-Agrarminister, dass künftig keine Exportbeihilfen mehr für die verarbeitende Industrie entrichtet werden dürfen. Im Dezember 2015 fiel an der WTO-Konferenz in Nairobi dazu der definitive Entscheid. Für die Schweiz bedeutet das die Aufgabe des sogenannten «Schoggigesetz» bis 2020. Um die Exportfähigkeit der produzierenden Nahrungs- und Getränkeindustrie zu erhalten, sind Ersatzmassnahmen nötig. Auf den Zucker hat das keinen direkten Einfluss.

Doppelnulllösung und Aufhebung der Zuckermarktordnung

Durch die bilateralen Abkommen und die sogenannte «Doppelnulllösung für Zucker in verarbeiteten Produkten» gibt es zwischen der Schweiz und der EU keine Preisausgleichsmassnahmen. Folglich muss sich der Schweizer Preis auf vergleichbar tiefem Niveau bewegen wie der EU-Zuckerpreis. Im Jahr 2013 beschlossen die EU-Agrarminister, die EU-Zuckermarktordnung aufzuheben. Bisher galten eine Produktionsquote für Zucker sowie eine Limitierung der Exportmengen. Beides wird per Ende September 2017 hinfällig. Insbesondere die Aufhebung der Exportbeschränkung erfüllt die Schweizer Zuckerindustrie mit Sorge. Durch deren Aufhebung droht die Schweiz von EU-Zucker überschwemmt zu werden. Bereits heute gelangen jährlich 150’000 Tonnen in die Schweiz. Allein die Bekanntgabe der EU-Pläne bewirkte in den Jahren 2014 bis 2016 einen Einbruch der Schweizer Zuckerpreise um über 30 Prozent, wodurch die Fabriken gezwungen waren, die Rübenpreise immer weiter zu senken.

Gefährdete Zukunft

Im Rahmen der Agrarpolitik 2014 bis 2017 senkte der Bund schrittweise die Direktzahlungen für den Rübenanbau. Gekoppelt mit rückläufigen Erträgen verliert so der Anbau weiter an Attraktivität; viele Pflanzer könnten ihn schliesslich mangels Rentabilität aufgeben. Wenn aber die Fabriken nicht genug Rüben geliefert bekommen, müssen sie innert kurzer Zeit schliessen. Für den Erhalt einer einheimischen Zuckerproduktion ist es unabdingbar, dass weiterhin genügend Zuckerrüben zu kostendeckenden Preisen angebaut werden können. Nur so kann die Versorgung der Nahrungsmittelindustrie und der Bevölkerung mit diesem Rohstoff gewährleistet werden. Die ausgeprägte Zuckerknappheit in der EU wie im Jahre 2011 führte die Bedeutung einer zuverlässigen einheimischen Versorgung überdeutlich vor Augen. Oder wie würde der Bund dastehen, wenn es nach der lange erstrittenen Einführung der «Swissness-Gesetzgebung» im Jahr 2017 plötzlich keinen Schweizer Zucker mehr geben würde?

Bekenntnis zur Swissness

Es ist wichtig, dass die Probleme der Zuckerindustrie beim Regulator gehört werden. Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten einerseits und die potente verarbeitende Nahrungsmittelindustrie von Weltruf andererseits entscheiden, welche Rohstoffe sie kaufen und einsetzen und wie sie zur Schweizer Zuckerindustrie stehen. Klar ist, dass eine einmal geschlossene Zuckerfabrik die Tore nie mehr öffnet.